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Das Bornland

Nie ist es gelungen, das Bornland zu zähmen. Seine Wälder sind tief, seine Ströme breit und reißend, und weit ist der Weg zwischen den Siedlungen. Wer hier leben will, muss sich gegen manche Unbill behaupten, seien es Bären, harte Winter oder Goblins.

Das Volk lebt in strenger Leibeigenschaft, gebunden an die Scholle. Der Adel jedoch ist kriegerisch und stolz. Sei jeher gilt Rondra, die Göttin des ehrenhaften Kampfes, als Schutzherrin des Bornlands. In vergangenen Zeiten gab es deswegen einen Glaubenskrieg mit dem Kaiserreich, wo die Diener des Sonnengottes Praios hofften, ihre Vormachtstellung nach Nordosten ausdehnen zu können. Letztlich sind sie gescheitert.

Der Eigensinn der Bornländer beweist sich nicht nur darin, dass der Adel von einem Rat regiert wird. Er manifestiert sich auch in einem selbstbewussten städtischen Bürgertum. In Festum mag man manchen Kaufmann treffen, der das gesamte Bornland als ›Hinterland‹ ansieht. Die hier ansässigen Handelshäuser zählen zu den einflussreichsten Aventuriens; sie lenken Kontore und sogar Kolonien bis zu den Gewürzinseln im Südmeer. Norburg und vor allem Vallusa empfinden sich als freie Städte, keinem Herrn untertan.


Norburg

Norburg liegt nicht nur am Fluss Born, die Stadt gilt vielen auch als Grenze des Bornlands und damit »der halbwegs zivilisierten Welt«. Die Norburger kokettieren mit dieser Grenzlage. Sie wissen um ihre Wichtigkeit, bewachen sie doch tatsächlich das Tor zu den Steppen des aventurischen Nordens. Niemand weiß, wann sich die Goblins dort wieder zusammenrotten und Appetit auf das Vieh der Bronnjaren bekommen werden. Zudem führt die wichtige Handelsstraße nach Riva durch Norburg. Für viele Hundert Meilen ist dies die letzte echte Stadt, wo man feste Seile, stabile Karren und haltbaren Proviant erstehen kann.

So wundert es wenig, dass sich der selbstbewusste Stadtrat im Wesentlichen als unabhängig von allen Obrigkeiten versteht. Norburg ist wehrhaft und hat alles, was es braucht. Man begegnet jedem Grafen und Fürsten auf Augenhöhe.

Den Beinamen ›die Hölzerne‹ trägt Norburg nicht nur wegen seiner Palisade, sondern auch, weil beinahe alle Gebäude aus Holz errichtet sind. Entsprechend duftet die Luft bei einem Spaziergang durch die meist gut gepflegten Straßen. Die besonders Wohlhabenden schlagen die Fassaden in Leder ein.

Die Weißmagier Norburgs sind ob ihrer Heilkünste zu Ruhm gelangt. Allerdings sollte man nicht dem Irrtum erliegen, man hätte es bei der Halle des Lebens mit einer mildtätigen Einrichtung zu tun. Schon mancher reiche Kranke verließ Norburg als gesunder Bettler.

Auch die Pferdezucht Norburgs bietet Anlass für manchen Besuch.Reisende aus den Nivesenlanden finden vor der Stadt Koppeln für ihr Vieh, handelt es sich doch oft um Karenhändler. Neuankömmlingen im Bornland entbietet Norburg einen besonderen Gruß: die Weiße Rondra, ein imposantes Standbild der Göttin des ehrenhaften Kampfes, der sich die Bronnjaren seit jeher verbunden fühlen.


Silvanden Fae'den Karen

Dieser kleine Wald genießt unter den Nivesen, die ihre Karene nicht in Norburg verkaufen, sondern bis ins Bornland hineintreiben, einen sehr guten Ruf. Sie versuchen, hier eine nächtliche Rast einzulegen, wobei sie die Tiere zwischen die Bäume treiben. Am nächsten Morgen haben sie so viel Fett angesetzt, als hätten sie eine ganze Woche auf einer saftigen Weide gestanden.

Dies ist jedoch nicht die einzige Merkwürdigkeit, die in diesem Wäldchen vorgeht. Lockende Harfenklänge dringen hinaus, doch wer ihnen folgt, vergisst schon nach wenigen Schritten, was ihn bewogen hat, in den Schatten der Bäume zu treten. Verwirrt kehrt er um und findet sich auf der Wiese wieder.

So scheint offensichtlich, dass es sich um einen Zauberwald handelt. Doch die Nivesen hüten sich, seine Geheimnisse zu ergründen. Denn wer weiß – vielleicht verärgert solche Neugier die guten Geister im ›Wald der fetten Karene‹? Lieber rastet man nächtens auf den Wiesen vor den Bäumen und freut sich am Morgen über die dicken Bäuche des Viehs.


Totenmoor

Dieses ausgedehnte Moorgebiet nördlich des Bornlands mag als Niemandsland gelten, weil sich nur Magier mit besonders finsteren Absichten freiwillig hierher begeben. Doch diese haben dafür guten Anlass: Hier gehen Geister um, und sie wissen Dinge, die die Lebenden längst vergessen haben. Diese Erscheinungen waren sicher auch ein Grund dafür, am Südrand des Totenmoors die Stadt der Toten zu errichten. Dies ist nicht einfach nur ein Totenanger; die Boronkirche wacht hier darüber, dass Jenseitiges auch jenseits der Grenzen des Bornlands bleibt.

Auch von mystischen Wesenheiten abgesehen ist das Totenmoor ein gefährlicher Ort. Affenartige Sumpfranzen fallen den verirrten Wanderer an, der Boden zieht an seinen Füßen und versucht, ihn zu ersticken. Faulige Gase nehmen zuweilen im Wortsinne den Atem.

An diesen Ort begibt sich niemand.

Es sei denn, er sucht etwas, das er nirgendwo anders finden kann ...


Festum

Festum ist eine der großen Metropolen Aventuriens. Sie ist so bedeutend, dass sie sich noch nicht einmal auf eine halbwegs überschaubare Regierung einigen kann: Neben dem Weiten gibt es auch den Engen Rat, und gleich zwei Bürgermeister führen die Geschäfte.

›Geschäfte‹ sind es auch, die diese Hafenstadt groß gemacht haben. Hier leben Kaufleute wie die Stoerrebrandts, die es zu märchenhaftem Reichtum gebracht haben. Ihre Handelsschiffe befahren alle Meere rund um Aventurien, ihre Schuldscheine sind ebenso wertvoll wie das Gold, das auf ihnen verbrieft ist, aber viel leichter zu transportieren. Sie unterhalten sogar Kolonien auf den Gewürzinseln im fernen Süden.

Festum bietet alles, was eine aventurische Stadt zu bieten hat: Feiertage wie die große Flottenparade, Waren aller Art, Spelunken und edle Speisehäuser, gelehrte Dispute und deftige Vergnügungen. Hier trifft man Volk aus aller Welt, und bemerkenswerterweise kommt man sogar gut mit Goblins aus. Die Rotpelze gelten den meisten hier als nützlich, haben sie sich doch als geschickte Rattenjäger erwiesen, die die Nager in den Gassen kurz halten.


Misasümpfe

Reisende Richtung Vallusa benutzen von Festum aus die Kaiserstraße an der Küste entlang. Ab Skorpsky führt der direkte Weg durch ein Sumpfgebiet, das sich nördlich des Flusses Misa ausdehnt. Hier wird der eigentlich sehr gute Weg zum Abenteuer, vor allem, wenn der Wasserspiegel steigt, etwa nach heftigen Regenfällen. Dann nämlich kann es passieren, dass der Bohlenweg im indifferenten Übergang zwischen Wasser, Modder und festem Grund verschwindet.

Moskitos gehören zu den harmloseren Plagen dieses Landstrichs. Man munkelt auch von gefährlicherem Getier, etwa Schlangen und Molochen, von Räubern und Irrlichtern. Bei besonders schlechtem Wetter suchen nervenstarke Wanderer Zuflucht in der Ruine eines verlassenen Schlosses. Angeblich spukt es hier zwar, aber das mag besser sein, als bis auf die Knochen durchzuweichen.

Jedenfalls ist man gut beraten, einen ortskundigen Führer anzuheuern, der sich auch dann noch auskennt, wenn der Regen die Sicht nimmt und der Boden trügerisch wird. Meist stammen diese Sumpfläufer aus den kleinen Dörfern, in denen man Fische und Otter fängt.

Ein besonderes Volk, das man hier antreffen kann, sind die Molochen. Diese gelbhäutigen, friedlichen Menschen stehen, so sagt man, unter dem besonderen Schutz Efferds, des Herrn der Meere. Dieser zürnt den Bürgern von Vallusa noch immer, weil sie die Molochen einst zu Sklavendiensten zwangen.


Vallusa

Wo die Misa in die Torbische See mündet, umströmt sie einen Felsen. Auf diesem drängt sich die Stadt Vallusa. Aufgrund eines kaiserlichen Edikts, das die Grenze zwischen dem Mittelreich und dem Bornland in Unkenntnis der Gegebenheiten in der Mitte des Flusses verortete, ist Vallusa weder dem einen noch dem anderen Herrschaftsbereich zuzuordnen und somit eine freie Stadt. Allerdings ist sie durch jeweils eine lange Brücke mit beiden Ufern des Stroms verbunden.

In der Stadt selbst herrschen beengte Verhältnisse, was dazu führt, dass man gern hoch baut. Entsprechend schattig ist es am Boden, wo sich Händler und Reisende durch die Gassen drängen. Auch Pilger finden den Weg nach Vallusa, allerdings nicht, um – wie man bei einer Hafenstadt vermuten könnte – Efferd zu huldigen. Ihre Hingabe gilt Ingerimm, dem Herrn des Feuers und der Esse, des Handwerks und des Erzes. Denn seinem Schutz soll es Vallusa verdanken, dass es ungezählten Sturmfluten getrotzt hat. Ohne Zweifel helfen dabei die von zwergischen Händen fest gefügten Mauern. Auf ihrem höchsten Turm brennt das Feuer, das den Schiffen Orientierung gibt. Zugleich ist dieses Bauwerk der Tempel Ingerimms.